Plastikmeer im Ozean

von firmm Team

Text: Elisabeth Kubin, Volontärin bei firmm

Elli und Statueneu klein

Der Sturm, der im April in Tarifa wütete, schwere Regenfälle mit sich brachte und Ausfahrten unmöglich machte, hinterließ auch am Strand ein interessantes und gleichzeitig erschreckendes 'Meer' von aus der Tiefe angespülten Tieren, Pflanzen und Dingen.

Neben zwei gestrandeten kleinen Rochen, die aber nicht mehr lebten, unzählig vielen Seegurken, Seeigeln, Seesternen, riesigem Seetang und einigen verschiedenen Quallen war auch ein Riesenmeer von Plastik angespült worden, welches sich - schon teilweise in kleinste Einheiten aufgelöst - unter die gestrandeten Meeresbewohner und -pflanzen mischte.

Es war so, als ob das Plastik schon zu den natürlichen Bestandteilen des Meeres gehören würde.

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Abb: Plastik: Auch dieses Plastikteil sieht einem Meereslebewesen zum Verwechseln ähnlich.
Aufgenommen von Manuela und mir

Kunststoff, von uns meistens Plastik genannt, ist ein synthetisch oder halbsynthetisch hergestelltes Polymer (= aus vielen gleichen Teilen (Monomeren) aufgebaut). Unter Synthese versteht man ein Verfahren durch welches aus einfacher gebauten Verbindungen ein komplizierter zusammengebauter Stoff hergestellt wird.
Die meisten Kunststoffe sind Polymere bei denen der Kohlenstoff für Kettenbindung sorgt.

Die polymeren Bestandteile der Kunststoffe sind nicht wasserlöslich und nicht in der Lage, die Zellmembranen von Mikroorganismen zu passieren: Das heisst, eine Wechselwirkung mit lebenden Organismen ist nicht gegeben. Mikroorganismen können Kunststoffe nur durch extrazelluläre Enzyme verarbeiten, die das Material in kleinere Bestandteile zerlegen, die dann von der Zelle aufgenommen werden können. Dieser Prozess läuft jedoch nur als Oberflächenerosion ab.
Die Gefahr für die Umwelt geht also nicht von den Polymeren selbst aus, da sie ja mit der belebten Natur nur schwer in Verbindung treten können, sondern von den Zusätzen, die dem Kunststoff hinzugefügt werden: z.B. Weichmacher, Stabilisatoren, Farbmittel oder Füllstoffe .
Einige dieser Zusätze können durch die Verpackung auch in Lebensmittel diffundieren und somit auch gefährlich für den Menschen werden.

Neue Polymere, welche durch Mikroorganismen abgebaut werden können, nennen sich biologisch abbaubares Plastik bzw. Biokunststoffe.
Dieses Bioplastik wird durch Feuchtigkeit, Wärme und Bodenorganismen abgebaut. Der Nachteil ist, dass es sich auch auflösen kann während es regnet.
Bioplastik wird anstatt aus Erdöl aus Mais, Zuckerrüben, Getreide, Milchsäure oder Zellulose (Holz) hergestellt, also aus nachwachsenden Rohstoffen. Dies stellt allerdings ebenso ein großes Problem dar, da die tatsächliche Umweltbelastung einer Verpackung von der Entstehung bis zur Entsorgung betrachtet werden muss. Um biologisch abbaubares Plastik zu erhalten müssten große Flächen bebaut werden, die Düngung würde Wasser und Boden belasten. Um die großen Anbauflächen zu erhalten müsste wieder viel Wald (darunter auch viel Regenwald) abgeholzt werden, was wiederum zum CO2 Problem beitragen würde. Ganz abgesehen von der Biodiversität, welche darunter leiden würde. Außerdem ist biologisch abbaubar nicht gleich kompostierbar. Kompost-Unternehmen weigern sich Bioplastik aufzunehmen, da es viel länger zum Verrotten braucht als kompostierbare Stoffe.
Bioplastik birgt also auch viele Probleme in sich.

Bei genauerer Betrachtung liegt das Hauptproblem daran, dass bestimmte Plastikteile nur einmal für kurze Zeit benutzt werden.
Passend zu unserem rasanten Lebenswandel werden immer mehr Einweg - und Wegwerfprodukte erzeugt. Dadurch ergibt sich ein großes Müllproblem.

Außerdem muss man bedenken, dass Kunststoffe 5% des weltweiten Bedarfs an Erdöl ausmachen. Sie werden aus gekrackten (veredelten) Erdölen hergestellt.
Erdöl braucht Jahrmillionen um zu entstehen, ein Plastiksack wird oft nur Minuten, Stunden oder ein paar Tage verwendet und danach dauert es circa 1000 Jahre, bis er sich wieder auflöst. Der Plastiksack kann in dieser Zeit der Umwelt, vor allem der Tierwelt noch sehr viele Schäden zufügen.
Plastik kann auch giftige Substanzen wie z.B. DDT (Dichlordiphenyltrichlorethan) oder PCB (polychloriertes Biphenyl) in größeren Konzentrationen anreichern.

Jedes Jahr sterben circa eine Million Seevögel und 100.000 Meeressäugetiere wegen dem treibenden Plastikmüll. 80% des Plastiks welches im Meer driftet ist an Land weggeschmissen oder verweht worden. Plastik setzt nicht nur die zum Teil giftigen Zusatzstoffe frei, sondern gelangt auch in die Nahrungskette der Tiere, da Plastik von vielen Tieren oft mit Nahrung verwechselt wird. In der nächsten Abbildung ist der Mageninhalt eines Zwergwals dargestellt, welcher tot vor England gefunden wurde.

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Abb.: Mageninhalt eines tot aufgefundenen Zwergwals. Er konnte nicht mehr fressen, da sein Magen von dem unverdaulichen Plastik schon gefüllt war.
[Quelle:
http://img.dailymail.co.uk/i/pix/2008/02_04/006plasticbagDM_468x287.jpg ]

Seevögel verwechseln das treibende Gut oft mit Fischen oder Kalmaren. Bei einer Studie aus Holland, welche zwischen 2002 und 2004 gemacht wurde und in der 819 Eissturmvögel untersucht wurden, wurde in 93% der Vögel Plastik im Magen gefunden.

Auch Schildkröten leiden sehr unter dem Plastik. Für Schildkröten ist ein treibender Plastiksack von einer Qualle nicht zu unterscheiden. Hier in der Straße von Gibraltar habe ich selbst schon eine Schildkröte (Caretta Caretta) gesehen, welche nicht mehr abtauchen konnte, da sie einen Plastiksack gefressen hatte, in dem sich wahrscheinlich eine Luftblase befand.

Auch die großen Bartenwale wie Blau- und Finnwal, welche ihre Nahrung mit Barten herausfiltern, filtern sehr viele kleine Plastikteile da sich zerkleinertes Plastik im Sonnenlicht nicht wesentlich von Zooplankton wie z.B. Fischlarven unterscheidet.

Auch schon ganz zerkleinerte Plastikteile werden von Zooplankton, wie z.B. kleinen Krebschen aus dem Wasser herausgefiltert.

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Abb.: Krill, welcher gerade Diatomeen herausfiltert. Leider sind es nicht immer nur Kieselalgen, die herausgefiltert werden, sondern auch kleine Plastikteile, die toxische Substanzen wie DDT oder PCB anreichern können.
[Quelle:
http://www.saturdaze.net/prv/img/krillfilter01.jpg ]

Nicht nur das Plastik welches an der Oberfläche des Ozeans treibt sorgt für Probleme, sondern auch vor allem das Plastik welches absinkt und die Böden der Tiefsee (auch von Seen und Flüssen) bedeckt. Circa 70 % des Plastiks sinkt auf die Böden der Ozeane wo es marines Leben vollkommen bedeckt und erstickt. Holländische Wissenschaftler haben 600.000 Tonnen Plastik am Boden der Nordsee gefunden.

Im Nördlichen Pazifik gibt es schon einen riesigen "Teppich" (2x die Größe von Texas) welcher aus treibendem Plastik und Müll besteht. Dieser wird durch das dort vorherrschende Strömungs- und Windsystem am selben Ort gehalten und wird immer größer, da immer mehr Müll hinzutreibt. Für das Leben im Meer und die Vögel ist dieser unverdauliche Wirbel tödlich.

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Abb.: Nordpazifischer Wirbel, in dem sich all der treibende (Plastik-) Müll ansammelt.
[Quelle:
http://pruned.blogspot.com/2007/10/vortex-of-80000-nikes.html]

In vielen Ländern gibt es schon Bemühungen die Plastikflut einzudämmen. Seit es in Irland (2002) eine Gebühr auf Plastiksäcke gibt, ist deren Verbrauch von 238 Plastiksäcken pro Person pro Jahr auf 21 pro Person pro Jahr gesunken. Auch in den meisten mittel-und nordeuropäischen Staaten werden bei Einkäufen keine gratis Plastiksäcke mehr ausgeteilt, man verwendet Tragtaschen oder Kartons die beim Ausgang bereit stehen.
In China wird ab 1. Juni die freie Ausgabe von Plastiksäcken verboten und in Südafrika soll es sogar Geld- und Gefängnisstrafen geben, falls man gegen die neuen "Plastikgesetze" verstößt.
Frankreich plant 2010 Plastiksäcke ganz aus den Einkaufszentren zu verbannen.

In Spanien gibt es leider einen sehr hohen Plastikverbrauch - pro Jahr verbraucht hier eine Person 238 Plastiksäcke , insgesamt werden 1 Billion Plastiksäcke pro Jahr in Spanien hergestellt. In den Einkaufszentren werden sie in großen Mengen und verschwenderisch hergegeben, um dann einen Tag später vom Wind ins Meer geweht zu werden. Oben genannte Zahlen könnte man durch eine 30 Cent Gebühr auf Plastiksäcke stark senken.

Hier ist noch viel zu tun aber auch jeder einzelne kann zu einer Besserung beitragen: den eigenen Müll mitnehmen und richtig entsorgen, vielleicht in unberührter Natur auch einen fremden liegengelassenen Plastiksack mitnehmen und mit einer wiederverwertbaren (Stoff-) Tasche seine Einkäufe erledigen.
Dinge wieder zu verwenden ist wichtiger als durch großen Energieaufwand Einwegprodukte zu erzeugen, auch wenn sie biologisch abbaubar sind.

Zur Zeit meiner Oma wurde für alles Leinensäcke verwendet: Lebensmittel wie Mehl und Kartoffeln, alles gab es in großer Menge im Einkaufsladen und man nahm sich mit seinen Leinensäckchen die Menge die man brauchte, welche abgewogen und bezahlt wurde...
Wir preisen uns mit neuen komplizierten großen Errungenschaften doch die einfachen Dinge scheinen uns nicht mehr zu gelingen....
Warum...?

Vielleicht ist die Antwort darauf einfach nur mit weniger Dingen zufriedener zu sein.

Wenn du glücklich reisen willst, dann reise mit wenig Gepäck. Dies gilt auch
für die Lebensreise.

[Antoine de Saint-Exupéry ]

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