Forschungsbericht Orcas (Orcinus orca)

Die Orcas halten sich laut unserer langjährigen Datenaufnahme von April bis November in der Gegend auf, um sich hauptsächlich von Thunfisch zu ernähren. Den Winter verbringen Sie laut Aussagen anderer Forscher im Atlantik vor der Küste Südspaniens und Portugals, möglicherweise auch Marokkos.
In der Straße von Gibraltar ernähren sich Orcas hauptsächlich von Thunfisch, den sie von den Leinen der hiesigen Fischer klauben. Insbesondere Orca-Kälber können auf diese Art größere Fische erbeuten und überleben das erste Jahr so besser als Kälber von Subrudeln, die sich nicht den Fischern nähern. Interessant ist, dass an Freitagen, wenn marokkanische Thunfischer nicht arbeiten, auch keine Orcas in der Gegend zu finden sind.
Da die Thunfischbestände in der Meerenge immer weiter zurückgehen, wurde 2008 eine Thunfischfangquote eingeführt, das heißt, die Fischer dürfen nun so lange fischen, wie sie Quote haben, unabhängig davon wie viele Thunfische sie an die Orcas verlieren. Inzwischen gibt es ein Gesetz vom Ministerio de Agricultura, Alimentación y Medio Ambiente zum Schutz der Orcas, welches empfiehlt, den Leinenfischern eine größere Fangquote zuzuweisen, um die Überlebenswahrscheinlichkeit der Orca-Kälber zu erhöhen. Eigentlich hätte dies die angespannte Situation zwischen Fischern und Orcas entschärfen sollen, was aber augenscheinlich nicht der Fall ist.
Eckdaten aus unseren Jahresberichten
2005
Es gab dieses Jahr kaum Sichtungen von Orcas. Das hängt sicherlich mit dem Beinahe-Zusammenbruch der Thunfischerei vor Tarifa zusammen.
2006
Die Orcas haben sich dieses Jahr oft blicken lassen, obwohl kaum noch Thunfisch vorkommt, der Bestand scheint überfischt zu sein. Stattdessen haben sie sich auf kleinere Fische konzentriert, die sie den Fischern Tarifas von ihren Langleinen klauben.
Es wurde eine Verfolgung von Orcas durch Grindwale gesichtet, Verhalten welches auch von anderen Beobachtern registriert wurde.
Die Orcas haben sich in zwei Gruppen aufgeteilt, ein junges Männchen, welches mittlerweile voll geschlechtsreif ist, hat mit vier Tieren eine neue Schule gebildet. Das älteste Männchen (Camacho) zieht mit 12 Individuen weiterhin durch die Gewässer vor Tarifa. Eine dritte Gruppe von ca. 9-12 Tieren, mit einem ausgewachsenen Männchen mit herunter gebogener Rückenfinne hält sich vorwiegend vor Barbate auf (40 km nördlich von Tarifa). Die Verletzung an der Rückenfinne wurde durch den Schnitt einer Fischerleine verursacht, das Männchen wurde mit einem Weibchen zuerst am 07.04.04 um 14:00 vor Punta Cires von uns gesichtet.
2007
Obwohl von Jahr zu Jahr weniger Thunfisch gefangen wird, haben sich die Orcas dieses Jahr oft blicken lassen. Neben den klassischen Beobachtungszeiten im Juli und August wurden einige Tiere aber auch im Oktober gesichtet. Diese ungewöhnlichen Zeiträume werden in Zukunft verstärkt Anlass zu Nachforschungen geben.
2008
Orcas haben sich dieses Jahr weniger blicken lassen.
Es ist bekannt, dass der Rote Thun unter Schutz gestellt werden müsste, will man sein Verschwinden als „Eiweiß-Ressource“ verhindern.
Dies trifft auch die Orcas, die sich in zwei Gruppen gespalten haben. Die Gruppe mit dem jüngeren Männchen wurde nur an wenigen Tagen gesichtet und verschwand anschließend von der Straße von Gibraltar. Die größere Gruppe mit den seit Jahren wiederkehrenden Individuen, verweilte etwa 2 Monate und verließ dann auch unvermittelt das südliche Gebiet der Straße, wo sie sich bei den marokkanischen Fischern aufgehalten hatte.
2009
- weniger Orca-Sichtungen als im Vorjahr
- Gruppe mit dem jüngeren Männchen wurde überhaupt nicht gesichtet
- größere Gruppe mit den seit Jahren wiederkehrenden Individuen wurde insgesamt nur an 8 Tagen gesichtet
Da die Quote für die Thunfischer stark eingeschränkt wurde, lohnt es für die Orcas nicht mehr, bei ihnen auszuharren.
2010
- 11 Orca-Sichtungen
- kleinste Schule: 2 Tiere
- größte Schule: 13 Tiere (12. Juli)
- das junge Männchen wurde einmal am 13. Juli gesichtet
Da die Thunfischsaison seit 2009 mit der Einführung der Thunfischfangquote nur noch etwa 2 Wochen andauert, lohnt es sich für die Orcas kaum mehr, bei den Fischern auszuharren.
2011
- 38 Orca-Sichtungen
- kleinste Schule: 3 Tiere
- größte Schule: 17 Tiere (04. August)
- größte Gruppen im August
Am 04. Oktober wurden Orcas zum ersten Mal in der Bucht von Gibraltar gesichtet. Es handelte sich um 7 Tiere, zu denen ein uns unbekanntes Männchen gehörte. Es könnte sich um das selten gesichtete junge Tier handeln, dessen Erscheinungsbild sich aufgrund des schnellen Wachsens der Finne geändert haben könnte.
Obwohl die Thunfischsaison seit 2009 mit Einführung der Thunfischfangquote nur noch etwa 2 Wochen andauert, sind die Orcas diese Saison wieder häufiger aufgetreten, da sie auf die Marokkanischen Fischer ausgewichen sind, die sich an die Quoten nicht halten. Letzte Saison schienen sie dieselben Fischer zu meiden.
2012
- 59 Orca-Sichtungen
- kleinste Schule: 3 Tiere
- größte Schule: 14 Tiere (19. September)
- größere Gruppen im August häufiger
Obwohl mit Einführung der Thunfischfangquote die Thunfischsaison seit 2009 nur noch etwa 2 Wochen dauert, sind die Orcas diese Saison öfter als in der letzten aufgetreten. Sie sind wieder auf die Marokkanischen Fischer ausgewichen, die sie 2010 gemieden hatten.
2013
- 56 Orca-Sichtungen
- kleinste Schule: 3 Tiere
- größte Schule: 16 Tiere
- größere Gruppen im Juli häufiger (einen Monat früher als 2012)
- 24. Juli: Gruppe mit 4 Kälbern
2014
- 88 Orca-Sichtungen (windarmer Sommer, viele Fahrten möglich)
- Sichtungszeitraum: 26. Juni bis 7. Oktober
- kleinste Schule: 3 Tiere
- größte Schule: 16 Tiere (davon drei Kälber)
- ein Neugeborenes erstmalig am 8. August gesichtet
- größere Gruppen (mehr als 8 Tiere) im Juli und August häufiger
2015
- 112 Orca-Sichtungen (windarmer Sommer, viele Fahrten möglich)
- Sichtungszeitraum: 1. Mai (einen Monat früher als letzte Saison) bis 27. August (fast 2 Monate früher)
- kleinste Schule: 2 Tiere
- größte Schule: 16 Tiere (davon 2 Kälber)
- keine Neugeborenen
(Das Neugeborene von letztem Jahr ist vermutlich in einem Fischernetz umgekommen, bei dem Unfall verlor seine Mutter die rechte Brustflosse.) - größere Gruppen (mehr als 8 Tiere) im Juli und August häufiger
2016
- 96 Orca-Sichtungen (windarmer Sommer, viele Fahrten möglich)
- Sichtungszeitraum: 1. Juli bis 21. August
- kleinste Schule: 2 Tiere
- größte Schule: 20 Tiere (davon 3 Kälber)
- keine Neugeborenen
- größere Gruppen (mehr als 8 Tiere) im Juli und vor allem im August häufiger
Ausnahme war eine Sichtung von 12 Schwertwalen am 6. April. So früh wurden die Orcas bis dahin nur einmal am 7. April 2004 gesichtet. - ein Gesetzentwurf zum Schutz der Orcas wurde uns vom Ministerio de Agricultura, Alimentación y Medio Ambiente zugesendet.
- auch im Januar 2016 wurden Orcas von den Fischern gesichtet (sonst verbringen sie den Winter im Atlantik vor der Küste Südspaniens und Portugals)
2017
- 53 Orca-Sichtungen
- Sichtungszeitraum: 30. Juni bis 19. September
- kleinste Schule: 3 Tiere
- größte Schule: 14 Tiere (davon 4 Kälber)
- ein Neugeborenes der Orca-Kuh Lucía (diese hatte zwischen 2015 und 2016 ihr vorheriges Kalb und eine ihrer Brustflossen verloren, vermutlich bei einem Unfall mit Fischereigerät)
- größere Gruppen (mehr als 8 Tiere) im Juli häufiger als im August (darunter drei ausgewachsene Männchen einschließlich Camorro, wahrscheinlich der Vater des Neugeborenen)
- Sichtungswahrscheinlichkeit steigt und fällt mit der Starkwind-Häufigkeit, die wiederum die Anzahl der durchgeführten Ausfahrten bestimmt
- Gesetz zum Schutz der Orcas ist inzwischen in Kraft getreten
2018
- Sichtungszeitraum: 28. Juni bis 17. Oktober
- 18 Orca-Sichtungen an nur 9 Tagen
- kleinste Schule: 2 Tiere (30. Juni)
- größte Schule: 15 (davon 5 Kälber) (3. und 12. Juli und 17. Oktober)
- ein Neugeborenes in Begleitung von 6-15 erwachsenen Schwertwalen
- erste Sichtung: 28. Juni
- weitere Sichtungen: 12 Juli sowie 11. und 17. Oktober - größere Gruppen von 13-15 Tieren im Oktober
darunter drei ausgewachsene Männchen; einer davon ist der uns bekannteste Camorro
Die Saison für Thunfischer lief vom 28. Juni bis Ende August, insgesamt 65 Tage – in dieser Zeit konnten wir aber nur an 7 Tagen Orcas finden. Das Meiden der Fischer könnte damit zusammenhängen, dass diese die Orcas widerrechtlich mit allen Mitteln versuchen zu vertreiben. Von anderen Forschern wurde zudem beobachtet, dass die Orcas weiter westlich über den Untiefen von Majuán genug Thunfisch finden, um selbstständig jagen zu können. (Im Gebiet Banco Majuán ist Whale-Watching allerdings verboten.)
2019
- Sichtungszeitraum: 17. Juni bis 13. August (50 Tage Orca-Touren)
aber an nur 7 Tagen angetroffen, mit 21 Sichtungen - größte Schulen:
18 Tiere inkl. 8 Kälber (3. Juli)
17 Tiere inkl. 7 Kälber, davon 1 Neugeborenes (10. August)
19 Tiere inkl. 4 Kälber, davon 2 Neugeborene (12. August)
Auch diese Saison wollten die Orcas anscheinend nicht vom Thunfischfang profitieren. Warum sie die Fischer schon 2 Jahre meiden, könnte an der Gewalttätigkeit derselben liegen, die die Orcas mit allen Mitteln versuchen zu vertreiben, laut einigen unserer Seeleute seit dieser Saison unter anderem mit den Geräten die dafür genutzt werden, die Thunfische mit Stromschlägen zu betäuben.
Und/oder die Schwertwale fanden wieder, wie von anderen Forschern letzte Saison berichtet, weiter westlich über den Untiefen von Majuán genug Thunfische um sie selbständig jagen zu können. Ihr Verhalten in der Straße von Gibraltar scheint sich zu wandeln.
2020
- Sichtungszeitraum: 02. bis 23. August
- an 5 Tagen angetroffen, mit 21 Sichtungen
- größte Schulen:
14 Tiere inkl. 2 Kälber (3. August)
17 Tiere inkl. 4 Kälber (21. August) - kleinste Schule: 9 Tiere
- keine Neugeborenen
- unter den Orcas waren wie letztes Jahr drei ausgewachsene Männchen, darunter das uns bekannteste: Camorro.
Die Saison beschränkte sich Corona-bedingt auf die Zeit vom 1.7.-7.9.2020. Davon konnten an 26 Tagen (38 %) wetterbedingt keine Ausfahrten stattfinden.
Vom 1. Juli bis Ende August waren es 62 Tage Saison für die Thun-Fischer, an denen die Orcas am wahrscheinlichsten anzutreffen sind; davon konnten wir an 39 Tagen fahren, von denen 7 ein Freitag waren, Wochentag an dem die marokkanischen Thun Fischer nicht arbeiten und an denen deshalb seltener Schwertwale gefunden werden; außerdem wurde ihnen anscheinend wegen Ansteckungsgefahr von ihrer Regierung verboten, in der Mitte der Straße von Gibraltar zusammen mit den spanischen Fischern Thun zu fangen. Deshalb waren sie nur über dem südlichen Fanggrund anzutreffen. Das reduzierte die Möglichkeit Orcas zu finden beträchtlich. Eine ausreichende Wahrscheinlichkeit sie überhaupt anzutreffen, bestand demnach an 32 von 62 Tagen Schwertwal Saison, von denen wie oben erwähnt nur 5 Tage mit Erfolg gekrönt wurden.
Die vollständigen Jahresberichte der Stiftung firmm finden Sie auf firmm.education.