Das Orca-Tagebuch Teil 2

von firmm Team

Text: Ursina Burkhart nach Kommentaren von Jörn und Katharina, Fotos: firmm

Grundsätzlich war dieser zweite Teil des Orca Tagebuches (Teil 1) als kurzer, abschließender Blog gedacht. Dass wir die Orcas immer wieder – bis zum 23. Oktober gesehen haben – das hätte niemand zu träumen gewagt.

15.08.2011

Sensationelle Ausfahrt am heutigen Montag! Kurz nachdem wir aus dem Hafen von Tarifa ausgelaufen sind, stoßen wir bereits auf eine gemischte Gruppe von Gewöhnlichen- und Gestreiften Delfinen und noch bevor eine Stunde vergangen ist, finden wir sie – die drei Orca Weibchen. Sie ziehen ihre Kreise zwischen den Spanischen Fischern. Heute ist auch das Filmteam, mit Paul Bieri und Viktor Schwarz mit dabei. Auf der Rückfahrt dann die riesen Überraschung, schon von weitem können wir ihn sehen – einen Finnwal! Erstaunlicherweise und völlig unerwartet erscheint der Blas inmitten der Fischerboote. Der Gigant sucht sich den Weg durch das Leinengewirr und die vielen kleinen Boote in Richtung Atlantik.

Finnwal
Finnwal

Finnwal
Finnwal

17.08.2011

Erneut finden wir rasch Gewöhnliche – und Gestreifte Delfine. Bei den Spanischen Fischern angelangt sehen wir wieder die Orcas auf der Lauer.

18.08.2011

Letzte Orca-Sichtung der Saison! (vorerst)

Da in diesen Tagen der Koeffizient (Tidenhub - Unterschied zwischen Ebbe und Flut) sehr gering ist, sind die Bedingungen für die Fischer ungünstig, da die Strömung sehr schwach ist und die Thunfische kaum anbeißen.An solchen Tagen kann man davon ausgehen, dass die Fischer nicht rausfahren und somit auch die Orcas nicht erscheinen.

22.08.2011

Trotz der Annahme, dass wegen des geringen Koeffizients weniger Fischer draußen sein werden, fahren wir hin um die schwarz-weißen Riesen zu suchen. Doch sie tauchen nicht auf, obwohl tatsächlich einige Fischer ihr Glück versuchen.

erfolgreiche Fischer
erfolgreiche Fischer

erfolgreiche Fischer
erfolgreiche Fischer

24.08.2011

Wir erhalten die Meldung der Fischer, dass sie heute Orcas gesichtet haben. Draußen angelangt bestätigen sie uns, dass die Schwertwale bis vor etwa 15 Minuten noch da waren. Mit beiden Booten suchen wir großflächig die Gegend ab, doch die Orcas bleiben verschwunden.

25.08.2011

Heute starten wir den vorerst letzten Versuch. Weil uns die Fischer erneut mitgeteilt haben, dass die Orcas da sind, verlassen wir den Hafen von Tarifa mit hohen Erwartungen.Unterwegs funkt uns die Familie von unserem Kapitän an (lokale Fischer), um es uns zu bestätigen. Wir von der Crew frohlocken bereits, dass wir heute wohl ein (letztes) Mal erfolgreich sein werden. Bei den Fischern angelangt erzählen uns diese, dass die Orcas schnell an der Leine geknabbert – und sogar einen Haken abgebissen hatten. Als sie dann aber merkten, dass kein Thunfisch an der Angel hängt, machten sie in Richtung Atlantik kehrt.

04.09.2011

Wir hatten schon den Verdacht bzw. die Hoffnung, dass wenn die Marokkanischen Fischer mit dem Ramadan fertig sind, sie sich nochmals in die Straße hinaus begeben, um weiter Thunfische zu fangen. Wir fahren also raus und können die Pateras (Marokkanische Fischerboote) schon von weitem sehen. Jörn stattet den Fischern mit der Firmm Spirit einen Blitzbesuch ab und ist erfolgreich! In zwei Gruppen aufgeteilt sind sie alle da, Camacho, die Matriarchin, sowie das kleine Kalb!

Großteil der Familie
Großteil der Familie

Schnellstens sagen wir wieder eine 3-stündige Orca-Fahrt an. Innerhalb von 24 Stunden ist das Boot vollständig ausgebucht.

05.09.2011

Am Folgetag treffen wir erneut die drei Weibchen auf der normalen 2-stündigen Ausfahrt an. Dann die Orca-Fahrt – es wird spannend, denn die Fischer sind nur vereinzelt anzutreffen. Offensichtlich stehen die Ebbe- und Flut Verhältnisse schlecht, bedeutet dass die Strömung zu schwach ist und so die Thunfische kaum anbeißen. So finden wir erst Große Tümmler und Gestreifte Delfine. Trotzdem versuchen wir es und fahren gegen die Sonne in Richtung Atlantik. Und dann sichtet Eduardo, unser Matrose, auf unglaubliche drei Meilen Distanz die Finne und den Blas von Camacho! Als wir bei den Orcas ankommen, treffen wir auf eine friedliche sich an der Wasseroberfläche aufhaltende Gruppe.

Plötzlich bricht das Jungtier aus der Familie aus, kommt blitzschnell auf dem Rücken an die Firmm Spirit geschwommen. Seinen weißen Bauch kann man wunderschön durch das Wasser hindurch sehen. Uns freut es besonders, denn ausgerechnet auf dieser Fahrt ist unser Grafiker Sebastian Kanzler dabei, der seit über vier Jahren freiwillig für firmm arbeitet und nun das Kalb aus nächster Nähe sehen kann.

Kalb
Kalb

11.09.2011

Auf der heutigen Ausfahrt sind die Meeresbiologie-Studenten der Universität Basel, unter der Leitung von Prof. Dr. Patricia Holm (Stiftungsrätin und zuständig für die Forschung von firmm), Dr. Jürgen Holm (Statistik Experte von firmm) sowie auch Dr. Karl-Hermann Kock (Institut für Seefischerei, Bundesforschungsanstalt für Fischerei in Hamburg) mit dabei.Die Studenten nehmen ausgiebig Plankton Proben aus der Straße von Gibraltar.Nachdem wir bereits Curro, den verletzten Grindwal (siehe ausführlichen Blog „Curro – Sorgenkind der Straße von Gibraltar“) getroffen haben, können wir noch einige Orcas bei den Marokkanischen Fischern zeigen, die in der Nähe der Küste Afrikas verweilen. Mit dabei auch Camacho, die Matriarchin sowie die Jungtiere.

Natürlich fahren wir auf der folgenden Ausfahrt nochmals hin. Zu unserem Erstaunen sind die Orcas ohne Hilfe der Fischer auf der Jagd.

ohne Hilfe der Fischer beim Jagen
ohne Hilfe der Fischer beim Jagen

12.09.2011

Die Ebbe-Flut-Bedingungen für die Fischer sind gut. Deshalb steuern wir direkt auf die Pateras zu. Von weitem sehen wir bereits den Blas der Orcas.Drei Fischer sind bereits am arbeiten. Sie ziehen die Thunfische hoch und lassen sie wieder ein Stück herunter, um die Tiere so zu ermüden. Auch die Orcas sind auf der Lauer. Geduldig ziehen sie ihre Kreise um die Boote. Die Fischer sind nervös. Zu allem Unglück verheddern sich noch ihre Leinen unter Wasser, oberhalb krachen beinahe die Boote ineinander. Lautes Fluchen unterbricht die Stille auf dem Meer. Die Orcas nutzen ihre Chance und klauen die Thunfische. Gemächlich teilen sie ihre Beute außerhalb der Fischerzone.

Danach ziehen sie ruhig in Richtung Marokkanischer Küste davon. Für uns ist es somit auch Zeit nach Tarifa zurück zu kehren. Auf der Heimfahrt suchen wir noch die Guardia, die Pilotwale die ihr Revier vor den Orcas bewachen. Wie aus dem Nichts tauchen sie plötzlich auf – wie Torpedos schießen sie durch das Wasser in Richtung Orcas. Sie jagen ihre Feinde aus der ihnen „gehörenden“ Zone. Zu unserem großen Erstaunen war auch Zickzack mit ihrem mittelgroßen Jungtier dabei.

19.09.2011

Die heutige Ausfahrt lässt Unangenehmes erwarten. Schon in der Mitte der Straße von Gibraltar treffen wir auf riesige Wellen. Diese sind aufgrund der Ebbe-Flut-Bedingungen sehr hoch. Doch wie durch ein Wunder entdecken wir in diesen Fluten eine Gruppe von rund 1000 gestreiften Delfinen. Sie jagen neben der firmm Spirit her. Das Boot kämpft sich weiter durch die Wellen, denn eigentlich sind wir auf der Suche nach den schwarz-weißen Riesen. Und da sind sie auch, Camacho, 3 Weibchen und das größere der Kälber. Zu unserer Überraschung sind auch 30–40 Pateras in den Wellen draußen. Die Matriarchin ist wohl mit ihrem kleinen Baby im Schutz der Küstennähe geblieben.

Plötzlich drehen alle Orcas wie auf Kommando in Richtung Atlantik ab. Wir begeben uns somit auf den Rückweg, die Passagiere wollen sich schon niederlassen, die Kameras verstauen als wir am Horizont wieder Tiere entdecken. Was wir erst für eine weitere Gruppe Orcas halten stellt sich als die „Guardia“ heraus, die Wächter der Straße von Gibraltar! Die Pilotwale jagen an uns vorbei und vertreiben so die Schwertwale aus ihrem Revier. Nach einigen Anfangs-Sorgen wurde diese Ausfahrt zum absoluten Knüller!

24.09.2011

Wir hören auf das Bauchgefühl von Katharina und Eduardo. So sagen wir für den heutigen Samstag eine weitere 3-stündige Ausfahrt an. Uns ist klar, wir müssen heute schnell in die Zone der Fischer bzw. der Orcas fahren, weil es bereits vier Stunden nach der Ebbe ist, ziemlich spät also. Auf der Hinfahrt treffen wir auf kleine Delfine. Wir bleiben aber nicht sehr lange bei ihnen weil wir die Orcas noch finden wollen. In der Zone angekommen sehen wir gerade mal 6–8 Pateras. Wir treffen dort auf 30 jagende gewöhnliche Delfine. Bedeutet es, dass die schwarz-weißen Riesen nicht hier sind? Kurz darauf entdecken wir aber drei Orca Weibchen die sich bereits von den Pateras entfernen. Es ist schön zu beobachten wie sie ganz ruhig vorwärts schwimmen. So können wir sie den ganzen Weg bis weit in den Atlantik hinaus begleiten.

Orca Weibchen
Orca Weibchen

Weit draußen sehen wir einige Marokkanische Fischer die ihre Netze ausbreiten. Wir nehmen an, dass die Orcas hier eine andere Taktik anwenden und versuchen die Fische aus den Netzen zu schnappen. Auf der Rückfahrt kreuzen dann noch ca. 30 Große Tümmler unseren Weg.

Es ist ziemlich außergewöhnlich die Orcas nach so langer Zeit und so vielen Levante-Tagen immer noch regelmäßig in der Straße von Gibraltar zu beobachten.

04.10.2011

Die wohl außergewöhnlichste Sichtung des Jahres – Orcas in der Bucht von Gibraltar! 7 Orcas, ein Männchen – ist es Camacho? Das große Rätselraten geht los. Er ist es…NICHT…! Nein, wir werden heute von dem „kleinen“ Großen besucht.

Orca Weibchen
Orcas in der Bucht von Gibraltar

06.10.2011

Hunderte gestreifte Delfine! Sie surfen die Levante-Wellen, begleiten uns und spielen neben unserem Boot. Über Funk kriegen wir die Nachricht, dass Orcas gesichtet wurden. Natürlich nehmen wir sofort Kurs dorthin auf. Von weitem sehen wir bereits fünf mal Orca-Blas. Dort angekommen sind sie aber bereits verschwunden. Auf der Rückfahrt entdecken wir sie wieder – weit weg. Offensichtlich sind die Tiere schnell unterwegs, am jagen und somit für uns unmöglich zu begleiten. Aber immerhin wissen wir, dass sie noch immer hier sind

07.10.2011

Während der ganzen Fahrten halten wir die Augen offen nach den Orcas. Wir befinden uns bereits auf der Rückfahrt der letzten Tour, es ist mittlerweile 18:30 Uhr, da entdecken wir auf über eine Meile Distanz in Richtung Mittelmeer einige mal Blas. Leider fehlt uns die Zeit um noch dorhin zu gelangen. Später kriegen wir die Meldung, dass sie entlang der Spanischen Küste gesichtet wurden (3 Orcas).

23.10.2011

Sie wollen uns einfach nicht verlassen. Nachdem wir auf der Morgenausfahrt viele kleine Delfine vor Tarifa angetroffen haben, halten wir natürlich auf der Folgefahrt wieder Ausschau. Direkt vor Tarifa entdecken wir bereits schwarze Körper im Wasser, die größer zu sein scheinen. Es könnte sich um Große Tümmler handeln. Doch dann sehen wir, dass es die drei Orca Weibchen sind, die Richtung Osten ziehen. Vertrauensvoll kommt eines ans Boot, schwimmt lange Zeit neben uns mit und macht drei „Rollen“ (dreht sich auf den Rücken). Offensichtlich hat sie Lust und Zeit mit uns zu sein.In der Zwischenzeit erspäht Eduardo, unser Matrose, weiter westlich vier weitere Orcas. Wieder ist das Männchen dabei, das wir vor kurzem in der Bucht von Gibraltar angetroffen haben.Sie ziehen bestimmt in Richtung Algeciras. Ganze fünf Meilen können wir sie begleiten, dann ist leider die Zeit für die Rückkehr nach Tarifa gekommen.

Tail slapping
„Tail slapping“

Rotating
„Floating“

Orca-Dame am Spielen
Orca-Dame am Spielen

Mit diesen letzten Eindrücken ist die Zeit der Orcas in der Straße von Gibraltar für diese Jahr wohl definitiv zu Ende.Es waren sehr viele sehr schöne Sichtungen, vergleichsweise lange dauerte der diesjährige Besuch der schwarz-weißen und sanften Riesen.

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